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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.02.2007
Aktenzeichen: 6 W 109/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 106 | |
ZPO § 109 | |
ZPO § 126 | |
BGB § 247 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
6 W 109/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 126 ZPO
betreffend den Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard - als Einzelrichterin -
am 9. Februar 2007
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss I (nach § 126 ZPO ) des Landgerichts Potsdam vom 9. Mai 2006 - 8 O 261/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Vergleiches des Landgerichts Potsdam vom 26.10.2005 sind von der Antragsgegnerin an den Antragsteller 526,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 17.11.2005 zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen; das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Dem Beklagten ist mit Beschluss vom 1.11.2005 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Antragstellers bewilligt worden.
Mit Vergleich vom 26.10.2005 sind die Kosten des Rechtsstreits, ausgenommen diejenigen des Vergleichs, dem Beklagten zu 34 %, der Klägerin (Antragsgegnerin) zu 66 % auferlegt worden.
Der Beklagte hat mit Antrag vom 16.11.2005 um Kostenfestsetzung im Wege der Ausgleichung nachgesucht (§ 106 ZPO). Dabei hat er Kosten von gesamt brutto 2.158,76 € einschließlich einer festzusetzenden Einigungsgebühr angemeldet. Auf Nachfrage der Rechtspflegerin bei dem Landgericht, dass bei Prozesskostenhilfebewilligung der bedürftigen Partei in Ermangelung einer Kostenlast gegen den Gegner kein Kostenerstattungsanspruch zustehe, jedoch die Möglichkeit der Festsetzung nach § 126 ZPO für den beigeordneten Anwalt bestehe, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärt, er bitte über den bereits gestellten Kostenfestsetzungsantrag zu entscheiden, vorsorglich stelle er jedoch klar, dass dieser Antrag auch in seinem Namen gegen die Klägerin gestellt werde.
Die Klägerin hat mit Antrag vom 1.12.2005 um Kostenfestsetzung im Wege der Kostenausgleichung (§ 106 ZPO) nachgesucht und außergerichtliche Kosten von 1.861 € einschließlich einer festzusetzenden Einigungsgebühr angemeldet.
Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 9.5.2006 (hier als Kostenfestsetzungsbeschluss I zu bezeichnen) eine Kostenfestsetzung nach § 126 ZPO zu Gunsten des Antragstellers vorgenommen. Danach hat die Klägerin an den Antragsteller 812 € nebst Zinsen zu erstatten. Bei Errechnung dieses Betrages hat das Landgericht die erstattungsfähigen Kosten des Beklagten (ohne Einigungsgebühr auf 1.548,60 € zu bestimmen) nach der in der Kostengrundentscheidung enthaltenen Quote berechnet. Zu dem so errechneten Betrag von 1.022,08 € hat es die von der Landeskasse an den Antragsteller bereits gezahlten 736 € hinzu addiert. Da die so errechnete Summe von 1.758,68 € jedoch die auf Seiten des Beklagten insgesamt entstandenen außergerichtlichen Kosten von 1.548,60 € übersteigt, hat das Landgericht in Höhe von 210,08 € einen Übergangsanspruch (§ 59 RVG) ausgesprochen, der gesondert von der Klägerin einzuziehen sei.
Den errechneten Erstattungsbetrag von 1.022,08 € hat es um diese 210,08 € gemindert, so dass zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten des Antragstellers noch 812 € festzusetzen waren.
Mit weiterem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.5.2006 (hier als Kostenfestsetzungsbeschluss II zu bezeichnen) hat das Landgericht die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 453,90 € nebst Zinsen festgesetzt.
Dabei hat es von den gesamterstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin (1.335 € ohne Berücksichtigung der angemeldeten Einigungsgebühr) unter Ansetzung der Quote von 34 % den Betrag von 453,90 € für erstattungsfähig erachtet. In diese Kostenerstattungsberechnung hat das Landgericht nur die Kosten der Klägerin einbezogen, da wegen Prozesskostenhilfebewilligung der beigeordnete Rechtsanwalt keinen Vergütungsanspruch gegen seine Partei (den Beklagten) geltend machen könne. Die prozesskostenhilfebegünstigte Partei habe daher keinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 10.5.2006 zugestellten Beschluss vom 9.5.2006 (nach § 126 ZPO) die am 15.5.2006 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründungsschrift heißt es: "... Wir legen hiermit gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.5.2005 sofortige Beschwerde ein"
Der Antragsteller meint, bei der Kostenfestsetzung sei der Differenzbetrag zwischen Wahlanwaltsvergütung und Prozesskostenhilfevergütung ebenfalls mit zu berücksichtigen. Ferner sei der zu Gunsten der Klägerin festzusetzende Betrag zu reduzieren.
Die Rechtspflegerin bei dem Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 2, 567, 569 ZPO).
Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift vom 12.5.2006 ist davon auszugehen, dass sowohl der Antragsteller selbst in die Kostenfestsetzung nach § 126 ZPO (Kostenfestsetzungsbeschluss I) im eigenen Namen sofortige Beschwerde einlegen wollte, als auch im Namen seiner Partei gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss II (Beschwerdeaktenzeichen 6 W 30/07 ).
Zwar ist der Antragsteller durch den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 126 ZPO des Landgerichts Potsdam nicht unmittelbar beschwert; der dort ausgewiesene, zu erstattende Betrag liegt rechnerisch höher als der im Beschwerdeverfahren festzusetzende Betrag. Eine Zusammenschau der Kostenfestsetzungsbeschlüsse I und II ergibt jedoch, dass der Mandant des Antragstellers (der Beklagte) durch die Vorgehensweise des Landgerichts, den Beklagten einerseits selbst zur Erstattung gegenüber der Klägerin zu verpflichten, andererseits die Klägerin in überhöhter Weise zur Erstattung an den beigeordneten Anwalt heranzuziehen, den Beklagten in zweierlei Weise belastet. Zum einen wird der Beklagte dadurch beschwert, dass er dem Prozessgegner etwas zahlen muss (Beschwerdeverfahren 6 W 30/07 ). Zum anderen entzieht ihm die Vorgehensweise des Landgerichts zu Gunsten des ihm beigeordneten Rechtsanwalts die Einziehungsbefugnis hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruches, soweit er damit eine Verrechnung mit dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin herbeiführen könnte.
Zur Beseitigung dieser Belastung des Beklagten ist das Kostenfestsetzungsverfahren insgesamt in der Weise zu korrigieren, dass der zu Gunsten der Klägerin ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben ist (Beschwerdeverfahren 6 W 30/07 ) und der Kostenfestsetzungsbeschluss II (nach § 126 ZPO) auf den rechnerisch richtigen Betrag, wie aus dem Tenor ersichtlich, zu korrigieren ist.
Dies hat der Antragsteller erkannt, in dem er in seiner Beschwerdebegründungsschrift Einwendungen gegen den nach § 126 ZPO ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss und ferner Einwendungen gegen den zu Gunsten der Klägerin ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss erhoben hat.
2.
Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 126 ZPO ist auch begründet.
Das Landgericht Potsdam hat, der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts folgend (Beschluss vom 16.10.2002, 8 W 297/01) das Kostenausgleichsverfahren nach § 106 ZPO und das Festsetzungsverfahren nach § 126 ZPO getrennt und zwei separate Beschlüsse erlassen.
An Stelle des aufgelösten 8. Zivilsenats ist der entscheidende 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nunmehr allein zuständig für die Entscheidung über Beschwerden in Kostensachen.
Der 6. Zivilsenat folgt der - soweit erkennbar - von keinem anderen Oberlandesgericht vertretenen Ansicht des 8. Zivilsenats und der daraus folgenden Art und Weise der Kostenfestsetzung nicht. Es wird auf die Grundsatzentscheidung des Senates vom 16. Januar 2007 - 6 W 135/06 und 6 W 9/07 - Bezug genommen.
Die zitierte Rechtsprechung des 8 . Zivilsenates widerspricht dem Grundgedanken des § 106 ZPO, wonach bei einer Verteilung der Prozesskosten nach Quoten der Kostenausgleich einheitlich in einem Beschluss durchgeführt werden muss. Sie führt außerdem in Fällen wie dem vorliegenden, bei dem die mit Prozesskostenhilfe prozessierende Partei teilweise unterliegt, jedoch gegenüber dem Prozessgegner die geringere Quote zu tragen hat, zu nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen. Die bedürftige Partei wird durch die Trennung der Verfahren nach § 106 ZPO und nach § 126 ZPO schlechter gestellt, als wenn sie keine Prozesskostenhilfe erhalten hätte. Sie sieht sich nämlich einem Erstattungsanspruch ausgesetzt, der im Falle einer Ausgleichung nach § 106 ZPO nicht entstehen würde. Der beigeordnete Anwalt kann demgegenüber nach der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats aus eigenem Recht nach § 126 ZPO einen höheren Anspruch beitreiben als eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe erhalten hätte.
Die Berechnungsweise des Landgerichts Potsdam führt dazu, dass die bedürftige Partei, obwohl sie eine geringere Kostenquote trifft, an den Prozessgegner außergerichtliche Kosten erstatten muss.
Um diese Erstattungspflicht zu vermeiden, müsste die mit Prozesskostenhilfe prozessierende Partei die Aufrechnung gegenüber dem Prozessgegner erklären, um nicht Kosten zu bezahlen, die sie im Falle einer Ausgleichung (§ 106 ZPO) nicht zu tragen hätte. Dies ist ihr aber verwehrt, weil ihre Befugnis, über den Kostenerstattungsanspruch zu verfügen, beschränkt ist, wenn der beigeordnete Anwalt seine Gebühren gegen den Prozessgegner nach § 126 ZPO beitreibt. Wäre der bedürftigen Partei keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden, könnte es niemals zu dem Ergebnis, dass sie trotz geringerer Kostenquote an dem Prozessgegner etwas zu erstatten habe, bei identischer Kostenquote kommen.
Soweit ersichtlich hat bislang kein anderes Oberlandesgericht die Auffassung vertreten, dass bei einer Kostengrundentscheidung nach Quoten zwingend zwei getrennte Beschlüsse erlassen werden müssen, wenn einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kostenfestsetzung nach § 126 ZPO betreibt.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird einhellig die Ansicht vertreten, dass in dem Falle, in der einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die Prozesskosten nach Quoten verteilt worden sind, die Kostenausgleichung - auch wenn ein Antrag nach § 126 ZPO vorliegt - grundsätzlich so zu erfolgen hat, als ob keine Prozesskostenhilfe gewährt worden wäre (Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 9. Aufl. 2006, B 224; OLG Koblenz, AnwBl 2001, 373; OLG München, JurBüro 1982, 417; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 130 Rn. 11; Riedel-Süßbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 130 Rn. 41; OLG Bamberg, FamRZ 1988, 967; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, JurBüro 1999, 419). Der beigeordnete Rechtsanwalt kann danach gegen den Prozessgegner nicht mehr festsetzen lassen, als dieser der bedürftigen Partei nach Durchführung der Ausgleichung zu erstatten hätte. Dieser Rechtsprechung schließt sich der hier zur Entscheidung berufene 6. Zivilsenat an.
Dies führt dazu, dass auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss I abgeändert werden muss und der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss II (Az: 6 W 30/07) vollständig aufgehoben werden muss.
3.
Dem Antragsteller steht als beigeordnetem Rechtsanwalt unter Berücksichtigung der zwischen den Prozessparteien unstreitig erstattungsfähigen Kosten gegen die Klägerin nur ein Erstattungsanspruch von gesamt 526,64 € zu.
Die Berechnung hat folgendermaßen von statten zu gehen:
Es ist die volle Wahlanwaltsvergütung in die Kostenausgleichung nach § 109 ZPO einzustellen. Die Gerichtskosten sind gesondert festzustellen und auszugleichen.
Ergibt sich aus der Berechnung der dem beigeordneten Rechtsanwalt zu erstattenden Kosten ein Saldo zu Gunsten seiner Partei, dann ist davon die Vergütung, für die der beigeordnete Rechtsanwalt von der Staatskasse befriedigt worden ist, abzuziehen und dann für die bedürftige Partei oder ihren Rechtsanwalt für die Staatskasse festzusetzen, soweit dieser Saldo die Differenz zwischen dem vollen Gebührenanspruch des Rechtsanwalts und seine aus der Staatskasse gezahlte Entschädigung übersteigt (Riedel-Süßbauer, a. a. O., § 130 Rn. 41; Gerold/Schmidt/van Eicken/Madert, 15. Aufl., § 130 Rn. 12).
Die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin betragen 1.335 €.
Die erstattungsfähigen Kosten des beigeordneten Beklagtenvertreters, das heißt, dessen Wahlanwaltsgebühren betragen 1.548,60 €.
Die gesamten außergerichtlichen Kosten betragen 2.883,60 €.
Hiervon trägt die Klägerin 66 %, also 1.903,17 €.
Die eigenen Kosten der Klägerin betragen 1.335 €.
Die Klägerin hätte daher grundsätzlich im Wege der Kostenausgleichung an den Beklagten 568,17 € zu erstatten.
Nun sind aus der Landeskasse zu Gunsten des beigeordneten Antragstellers bereits 1.021,96 € gezahlt worden, so dass der Antragsteller auf die außergerichtlichen Gebühren insgesamt (1.021,96 € zuzüglich 568,17 € = 1.590,13 €) erhalten würde.
Da an außergerichtlichen Kosten des Beklagten jedoch nur 1.548,60 € entstanden sind, ist der Erstattungsanspruch gegen die Klägerin um 41,53 € zu kürzen.
Die Klägerin hat daher an den Antragsteller nach § 126 ZPO den Betrag von 526,64 € zu erstatten.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren der Klägerin aufzuerlegen, weil es sich um ein kontradiktorisches Verfahren handelt und die Klägerin als Antragsgegnerin anzusehen ist. Eine Niederschlagung der Gerichtskosten nach § 21 GKG kommt nicht in Betracht.
Gerichtskosten im Rahmen der Kostenfestsetzung beim Landgericht sind nicht entstanden; Gerichtskosten sind ferner nicht ausgelöst worden im Beschwerdeverfahren, weil die sofortige Beschwerde des Antragstellers Erfolg hatte.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Mit der nunmehr vollzogen Abkehr von der Rechtsprechung des aufgelösten 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (siehe hierzu Beschlüsse in den Beschwerdeverfahren 6 W 135/06 und 6 W 9/07) wird gerade eine einheitliche Rechtsprechung hergestellt, weil andere Oberlandesgerichte keine getrennte Festsetzung nach den §§ 106, 126 ZPO vornehmen.
Ende der Entscheidung
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